An den
Bundespräsident
Herrn D.Dr.h.c.mult. Johannes Rau
Schloss Bellevue
Spreeweg 1
D-10577 Berlin
23. Nov. 2002
Ihr Zeichen:
V§V Zeichen: PR A BP 0102-11.02 II
Bezug: Auszeichnungsempfehlung
Offener Brief, zur Veröffentlichung freigegeben:
Sehr geehrter Herr Bundespräsident
Frau Doris Schröder-Köpf, die Gattin des Bundeskanzlers, Herrn Gerhard Schröder,
MdB, hat sich dieser Tage in die Kritikdebatte um die Politik ihres Ehegatten
eingemischt und insbesondere die Kritiker Elmar Brandt, Oskar Lafontaine
und Arnulf Baring mutig und nachdrücklich öffentlich kritisiert. Damit hat
sie eine öffentliche Debatte um die Form der Kritik ausgelöst, getragen von
der Bild-Zeitung, und ihrerseits die Kritiker als „Künstler der parasitär
sein Geld verdient“ (Herrn Brand); die Kritik Lafontaine als „historisch
und in jeder Hinsicht daneben“ mit Begehr um Parteiausschluß; „Meine Sorge
ist, daß die verbale Hetze irgendwann in körperlichen Angriffen mündet“ (betreffend
Herrn Baring über seinen Hinweis auf die Demonstrationen unter dem Motto
„Wir sind das Volk“ in Leipzig, welche die deutsche Einheit friedlich herbeigeführt
haben).
Frau Schröder-Köpf hat sich damit um das deutsche Volk verdient gemacht als
Anstoßgeberin, öffentlich die Leistungen ihres Gatten im historischen Kontext
zu würdigen. Das ist jedoch nicht Grund unserer Empfehlung zur Auszeichnung.
Auszuzeichnen ist, daß sie sich als treusorgende Gattin mutig als „deutsche
Eiche“ um ihren Gatten herumgestellt hat zur Abwehr von „verbalen Giftpfeilen“
der Kritiker, die auf ihren Gatten gerichtet waren. Es ist heute nicht mehr
selbstverständlich bei einer Scheidungsrate von ca. 50 % und einem hohen
Singleanteil in der Gesellschaft, in der die Ehe zunehmend eine Minderheitensache
geworden ist, wie die Erzeugung von Nachwuchs, daß sich ein Partner in einer
für den anderen Partner schwierigen und wenig karriereförderlichen Lage so
nachdrücklich öffentlich vor diesen stellt und eine bundesweite Debatte eröffnet.
Dieses hervorragende Beispiel für Partnerschaft, treusorgende Gattenschaft
und eheliche Fürsorge ist als Lehrstück musterhaft für alle in Probleme geratenen
Ehen. Es ist eine hervorragende Schule gegen Verhaltensweisen, die zur Flucht
aus der Ehe führen, wenn es einmal im Leben unerfreulich geworden ist.
Wir alle wissen, daß die Rolle der fürsorglichen Ehe- und Hausmutter heute
umstritten ist. Dem steht entgegen, daß hier eine junge Karrierefrau sich
nicht zu schade war, hier solcherart diese Rolle zu übernehmen und sich geradezu
wie eine Löwin zwischen die Fronten geworfen zu haben. Das markiert ein neues
Geschlechterverständnis, das für die Zukunft wesentlich und bestimmend sein
und sich positiv auf die zukünftigen Ehen auswirken könnte. Auf die Qualität
der Äußerungen kommt es hier nicht an, es zählt die Tat.
Zur weiteren Begründung füge ich das Schreiben an Frau Schröder-Köpf vom
23.11.2002 an. Es wäre schön, wenn Sie sie zu der erbetenen Schirmherrschaft
motivieren könnten.